Die Autorin
Die Geographin und Agrarwissenschaftlerin Dr. Anja Schmitz
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Graslandwissenschaft von Prof. Dr. Johannes Isselstein an der Universität Göttingen und koordiniert das Projekt ADAM.

ADAM - Wissenschaft, Naturschutz und Landwirtschaft gemeinsam stark für die Artenvielfalt

Naturschutz und Landwirtschaft müssen sich nicht widersprechen. Die Georg-August-Universität in Göttingen will mit dem Forschungsprojekt ADAM aufzeigen, wie ein Miteinander möglich gemacht werden kann. „Adam“ steht für Artenvielfalt im intensiv genutzten Dauergrünland: Aufwertungsmaßnahmen im Miteinander von Landwirtschaft und Naturschutz. Zwölf Betriebe aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind am Projekt beteiligt, von denen vier Standorte genauer untersucht werden. Ein Grünlandbetrieb aus Balje im Landkreis Stade ist auch dabei.


Die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren in der Agrarlandschaft ist seit Jahrzehnten rückläufig. Ganz besonders betrifft dies das hochproduktive und intensiv bewirtschaftete Grünland in der norddeutschen Tiefebene, so auch im Landkreis Stade. Um dem Artenrückgang nachhaltig entgegenzuwirken, sind sowohl wirksame und gleichzeitig mit landwirtschaftlichen Betriebszielen vereinbarende Konzepte und Maßnahmen notwendig.

Wissenschaft und Praxis

Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen forschen hierzu seit 2019 in enger Zusammenarbeit mit Partnern der Landwirtschaftskammern in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und dem Naturschutz. Die Abteilung Graslandwissenschaft der Uni Göttingen führt vegetationskundliche und futterbauliche Analysen durch. Die Abteilung Pflanzenökologie und Ökosystemforschung untersucht die Insekten, insbesondere Heuschrecken, und die Botanik. Ornithologen vom Michael-Otto-Institut im NABU leiten das Monitoring der Vogelwelt. Außerdem untersuchen Agrarökonomen, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit die Maßnahmen tatsächlich in größerem Stil umgesetzt werden können. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Zusammenarbeit mit intensiv wirtschaftenden Grünlandbetrieben, denn die Maßnahmen sollen aus der Praxis heraus entwickelt werden.

In einer Potentialanalyse wurden Interviews mit den beteiligten Landwirten geführt, um herauszufinden, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Maßnahmen sie sich für den Naturschutz einsetzen würden. Entscheidend für die Akzeptanz und das Engagement für die Artenvielfalt ist vor allem, dass die Landwirte in die Gestaltung von Maßnahmen eingebunden werden und keine wirtschaftlichen Einbußen tragen müssen.

Potential ist vorhanden

Auf den insgesamt 12 intensiv wirtschaftenden Grünlandbetrieben wurde 2019 der Status-Quo der botanischen Artenvielfalt und der noch im Boden verfügbaren vitalen Samen untersucht. Zusätzlich wurden die Heuschrecken und die Vogelwelt erfasst. Die Ergebnisse waren wenig erfreulich, da nur wenige, agronomisch interessante Pflanzenarten die häufig geschnittenen und intensiv gedüngten Bestände dominierten.


Um die Artenvielfalt zu erhöhen, kann das hochproduktive Grünland nicht großflächig extensiviert werden, da zum einen der Samenvorrat im Boden erschöpft ist und auch die Bewirtschaftung möglichst wenig eingeschränkt werden soll. Es gibt jedoch Restflächen und Randbereiche, die perspektivisch aus der intensiven Bewirtschaftung herausgenommen werden könnten. In den vier Betrieben wurden auf solchen Randbereichen gemeinsam mit den Landwirten Experimente durchgeführt und optimiert wie etwa Mähgutübertragung und Einsaat mit Regiosaatgut. Der Erfolg der Maßnahmen auf die Artenvielfalt wird auf sogenannten Dauerquadraten regelmäßig wissenschaftlich untersucht. Vor jedem Grünlandschnitt werden die Pflanzenarten erfasst und ebenso deren Futterqualität. Erste Ergebnisse lassen hoffen. Durch die umgesetzten Maßnahmen konnte die botanische Artenvielfalt der Schlagränder bereits deutlich von drei Arten auf nunmehr bis zu 40 Arten gesteigert werden.


Wie gut sich eine landwirtschaftlich nutzbare Artenvielfalt im Grünland etablieren lässt, wie solche Bestände optimal bewirtschaftet und verwendet werden und vor allem, welche vor- und nachgelagerten Kosten durch die Maßnahmen entstehen, wird in ADAM untersucht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Maßnahmen werden Einzug in die landwirtschaftliche Beratung und Praxis halten.

Ein ADAM - Randstreifen zum Zeitpunkt des 1. Schnittes in 2021. Die hohe Grasnarbe des Randes eignet sich bestens als Refugium für Insekten und Niederwild während die Hauptfläche geerntet wird. (Foto: Dr. A. Schmitz)

Übertragung des zuvor auf Naturschutzflächen geworbenen Mahdgutes mit betriebseigener Technik. Wichtig ist die gleichmäßige Verteilung des (nicht gehäckselten) Materials in einer ca. 5-7cm feinen Schicht. (Foto: Dr. A. Schmitz)

Experimentelle Anlage der ADAM Randstreifen in 2019: Im direkten Nebeneinander werden Mahdgutübertragung und artenreiche Ansaaten mit einer extensiven Nutzung der Grünlandnarbe sowie der unverändert genutzten Hauptfläche verglichen. (Foto: Dr. A. Schmitz)

Im Untersuchungsquadrat auf einer kräuterreichen Grasnarbe finden sich nun bis zu 40 Arten, wo vorher 3-5 Arten wuchsen. (Foto: Dr. A. Schmitz)

Eindrucksvoll zeigt sich im direkten Nebeneinander der Blühaspekt des aufgewerteten Randstreifen im Vergleich zum hochwertigen Futter des intensiven Grünlands in der Elbmarsch. (Foto: Dr. A. Schmitz)

 

Die Autorin
Die Geographin und Agrarwissenschaftlerin Dr. Anja Schmitz
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Graslandwissenschaft von Prof. Dr. Johannes Isselstein an der Universität Göttingen und koordiniert das Projekt ADAM.